In der Abteilung „Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg (ehemals Deutsche Dienststelle WASt)“ kennt sich wohl fast niemand so gut aus wie die stellvertretende Leiterin des Referats PA 1.

In #27 erzählt uns Birgit Wulf von ihrer Arbeit.

Auf dem Dachboden am Eichborndamm waren bislang die Akten deutscher Kriegsgefangener der Westalliierten gelagert. Birgit Wulf sorgt derzeit dafür, dass sie sicher im neuen Gebäude des Bundesarchivs in Berlin-Tegel ankommen. Foto: M. Longerich

Das Referat PA 1 von Birgit Wulf beschäftigt sich mit Grundsatzaufgaben der Abteilung und auch mit besonderen Anfragen. Insgesamt gibt es noch zwei weitere Referate in der Abteilung: das Referat PA 2 ist für Auskünfte zuständig, das Referat PA 3 für Gräberangelegenheiten.

1993 kam die gelernte Einzelhandelskauffrau eher durch Zufall als Quereinsteigerin zur „Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht“, wie sie damals noch hieß. Seit 1946 sollte die Berliner Behörde die Aufgaben der ehemaligen Wehrmachtsauskunftstelle weiterführen, die bei Kriegsende ihre Zuständigkeit verloren hatte, also sämtliche Verluste der Wehrmacht wegen Verwundung, Krankheiten, Tod, Vermisst Sein und Kriegsgefangenschaft zu registrieren.  
Zweieinhalb Jahre erfasste Birgit Wulf die Signaturen für die zentrale Personenkartei, immer neue Aufgaben kamen hinzu. Sie unterstütze Behörden und zunehmend mehr Angehörige dabei, militärische Lebensläufe zu rekonstruieren, versorgte den Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge bei Umbettungen mit nötigen Informationen über Grabstellen, absolvierte dann die Verwaltungsfachschule und ließ sich zur Verwaltungsfachwirtin ausbilden – und schließlich auch noch zur Archivarin, denn 2019 ging die Deutsche Dienststelle als eigenständige Abteilung ins Bundesarchiv über. Da Birgit Wulf über die Jahre mit den verschiedensten Unterlagen im Haus gearbeitet hat – kommen bei ihr vor allem die Anfragen auf dem Tisch, die besonders knifflig sind.

Drei Fragen, drei Antworten…

1. Welche Informationen können suchende Enkel*innen bei Ihnen finden, die mehr über den militärischen Lebenslauf ihrer Großväter/ aber auch ihre Großmütter herausfinden wollen?

Die Abteilung PA verwaltet personenbezogene Unterlagen zum Ersten und Zweiten
Weltkrieg. Vollständige Personalakten liegen in der Regel nicht vor, sondern lediglich
Einträge in Karteien oder Listen.

Nach Namen recherchierbar sind:
1. Erkennungsmarkenverzeichnisse und namentliche Verlustmeldungen
2. Wehrstammbücher, Soldbücher, Gesundheitsbücher und Wehrpässe
3. Unterlagen zu Kriegsgräbern im In- und Ausland
4. Personenbezogene Unterlagen von Unteroffizieren, Mannschaften und zivilen Beschäftigten
5. Personenbezogene Unterlagen von Angehörigen der Reichs- und Kriegsmarine
6. Vereinzelt Nachweise der Dienstzeiten von Angehörigen der Waffen-SS
7. Einzelunterlagen des Krankenbuchlagers
8. Unterlagen von Kriegsgefangenschaft deutscher Soldaten in westlichem Gewahrsam
9. Personenbezogene Hinweise zu Kriegsgefangenen in deutschem Gewahrsam

Auch über Frauen, die im Gefolge der Wehrmacht in Kriegsgebieten im Einsatz waren, wurden zentrale Personenkarten erstellt. Es liegen sehr geringe Teile von Verzeichnissen zu Luftwaffenhelferinnen und Krankenschwestern vor.  Allerdings hatte die Deutsche Dienststelle bei Anfragen nach Frauen eine zentrale Personenkarte erstellt und die erhaltenen Informationen dort vermerkt.

Was hat sich mit dem Übergang der Deutschen Dienststelle ins Bundesarchiv für suchende Angehörige verändert?

Durch die Arbeitsabläufe und gesetzlichen Vorgaben als Verwaltungsbehörde gab es das sogenannte WASt-Gesetz und die dazugehörige Verordnung. Diese besagten in Kurzform, dass ein entsprechender Nachweis als Angehöriger in der direkten Linie des Gesuchten zu erbringen war. Eine persönliche Einsichtnahme war nicht möglich. Gleichzeitig durften keinerlei Kopien gefertigt werden und die Auskünfte durften ausschließlich nur in Schriftform erfolgen. Daher kam es auch zu enormen Bearbeitungszeiten. Durch das nun anzuwendende Bundesarchivgesetz haben die Benutzerinnen und Benutzer viel mehr Möglichkeiten nicht nur Auskünfte in schriftlicher Form zu erhalten. Es werden nun auch Kopien der jeweiligen Unterlagen, Karteikarten und Dokumente zur Verfügung gestellt. Zusätzlich kann nun Jede und Jeder einen Termin im Benutzersaal vereinbaren und direkt die Bestände entweder selbstständig in unserer Datenbank recherchieren und bestellen, oder die Unterlagen -nach mindestens 14tätiger vorheriger Benutzungsanfrage- einsehen. Die Kolleginnen und Kollegen helfen gerne und geben Hinweise auf weitere Recherchemöglichkeiten.  Daher haben sich die Bearbeitungszeiten, je nach Anzahl der zu prüfenden Bestände und Ermittlungsergebnisse, auf drei bis sechs Monate verkürzt.

Welche Angaben benötigen Sie und wie gehen Sie dann bei Ihrer Suche im Archiv vor?

Zunächst benötigen wir den Benutzungsantrag.  Hier ist es wichtig, dass das Benutzungsthema und den Benutzungszweck angegeben wird. Auf der Rückseite bitte nicht die Unterschrift vergessen. Um so viele bereits bei den Angehörigen vorhandenen Informationen zu erfahren, wurde der Antrag auf personenbezogene Recherche zu Militärangehörigen entwickelt. Hier können die Benutzer alles angeben, was sie schon wissen. Denn jede Information hilft uns, die Recherchen so gut und schnell wie möglich zu machen. Für die Abteilung PA sind die ersten Ermittlungskriterien die Personalien: Vor- und Nachnamen, Geburtstag und Geburtsort. Manchmal sind die genauen Geburtsdaten in den Familien nicht bekannt, oder es handelt sich um einen sogenannten Sammelnamen wie z.B. Meier oder Schmidt. Dann kann uns jede Information z.B. über die Namen der Ehefrauen, die Vornamen der Eltern, wo hat er zuletzt gewohnt wie war seine letzte bekannte Heimatanschrift helfen.

Arbeitsablauf

Zunächst ermitteln wir, ob es eine zentrale Personenkarte gibt. Das ist unser erstes Hilfsmittel, um zu sehen, ob und was bereits in den Beständen der ehemaligen Wehrmachtauskunftstelle und in den Beständen der folgenden Deutschen Dienststellen auf die Karte aufgetragen wurde. Je nach Fragestellung ermitteln wir dann weiter, ob in später dazugekommenen Unterlagen etwas über die gesuchte Person vorhanden ist. Um z.B. in dem Bestand der Krankenbuchunterlagen zu recherchieren, ist es wichtig, das vollständige Geburtsdatum zu haben, da im Krankenbuchlager das Findsystem auf Geburtsdaten aufgebaut wurde und wir dieses System übernommen haben, solange diese Unterlagen noch nicht digitalisiert sind. Hier sind auch viele Informationen über Teilnehmer des Ersten Weltkriegs zu finden. Allerdings sind Recherchen ohne Geburtsdatum aussichtslos.

Angehörige

Je nachdem wie das Informationsbedürfnis der Angehörigen ist, erhalten die Suchenden nun von uns eine schriftliche Auskunft mit den entsprechenden Kopien der Unterlagen, soweit keine Schutzfristen betroffen sind. Das heißt, dass vom Betroffenen selber bis zu den Enkelkindern als Angehörige zählen. Alle weiteren „Angehörigen“ wie z.B. Nichten und Neffen können dann eine Schutzfristverkürzung beantragen. Diese wird geprüft und nach Genehmigung werden die gewünschten Informationen versandt. Nun können wir diese Informationen auch per Mail mit entsprechenden Scans versenden, so dass die Angehörigen schnell ihre Antworten erhalten.

Schutzfristen

Die Schutzfristen sind wie folgt: zehn Jahre nach Tod des Gesuchten. Ist das Todesdatum nicht bekannt dann 100 Jahre nach Geburt. Ist auch das Geburtsjahr nicht bekannt, wird geprüft, wann das Schriftstück oder die Karte usw. erstellt wurde. Hier sind dann 30 Jahre anzusetzen. Da das Bundesarchivgesetz ein sogenanntes „Jedermannsrecht“ ist, kann Jede und Jeder nach allen Personen anfragen. Auch hier wird geprüft, wie die Schutzfristen sind. Hierbei achten wir darauf, dass keine jüngeren Adressen herausgegeben werden, da das Archivgut unveränderbar ist und somit auch jüngere Auftragungen durch die Verwaltungstätigkeiten der Deutschen Dienststelle verzeichnet sind.

Zukunft: e-ID

Es gibt auch die Möglichkeit, selbstständig in der Datenbank des Bundesarchivs zu recherchieren. Die Anmeldung ist kostenfrei. Seit einiger Zeit ist dort auch eine Namenssuche möglich, so dass Angehörige angezeigt bekommen, in welcher Abteilung zu einer Person noch etwas zu finden ist. Vorgesehen ist, dass möglichst viel Archivgut digitalisiert wird. Sofern dann keine Schutzfristen greifen, kann mit der Möglichkeit der e-ID über den heimischen Computer und auf Antrag das Digitalisat angesehen werden. Aber das ist für die Abteilung PA noch Zukunftsmusik, da gerade erst mit der Digitalisierung im größeren Umfang begonnen wurde.

Bei unseren Auskünften geben wir auch Hinweise, sobald wir feststellen, dass weitere Informationen in anderen Abteilung des Bundesarchiv vorliegen. Zusätzlich gibt es Tipps zu den verschiedenen Abkürzungen, die in der ehemaligen Wehrmacht und in der Deutschen Dienststelle genutzt wurden, oder wo die Truppenunterstellungen und damit die Einsatzräume zu finden sind.

Wenn ihr mehr über die Suche bei der ehem. Deutschen Dienststelle (WASt) wissen wollt, für die heute im Bundesarchiv die Abteilung PA zuständig ist…

  • Hier gibt das Bundesarchiv Rechercheansätze, wenn ihr zu personenbezogenen Daten militärischer Herkunft sucht, einen guten Überblick über die Bestände zu militärischen Unterlagen der einzelnen Standorte generell – findet ihr hier.
  • Und hier findet ihr die Bestände der Abteilung PA.
  • Hier geht’s zum Benutzerantrag und den Auftrag zu einer personenbezogenen Recherche im Bundesarchiv zu Militärangehörigen, beides müsst ihr für eure Anfrage ausfüllen.
  • Wenn eure Unterlagen eintreffen, findet ihr hier ein Verzeichnis mit den häufigsten Abkürzungen und Bearbeitungsvermerke der Abteilung PA.
  • Die sogenannte Gräberkartei ist nur zum Teil digitalisiert, weil noch nicht alle Schutzfristen gefallen sind. Leider sind die Umlaute in den Ortsnamen auch nicht besonders günstig transkribiert worden. Gerne kann deshalb bei der Abteilung PA direkt nach einem Scan angefragt werden.
  • Mehr über die mühsame Identifizierung von toten Soldaten im Zweiten Weltkrieg der Deutschen Kriegsgräberfürsorge im Zusammenspiel mit der Abteilung PA des Bundesarchivs, könnt ihr euch ansehen in der Sendung „Kontrovers“ des Bayrischen Rundfunks, Januar 2020.