Johannes Spohr
#6 Johannes

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„Es erscheint paradox: Fragen an die Geschichte meiner Großeltern kann ich besser bearbeiten, seitdem ich sie selbst nicht mehr danach fragen kann. Dass sie diese seit dem Tod meines Großvaters vor gut 15 Jahren nicht mehr hüten, hat die Recherche jedenfalls erleichtert. Vielleicht fand ich die vielen Dokumente in ihrem Wohnhaus nicht in dem Sinne, sondern konnte sie nur besser erblicken?

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Auch ganz andere Impulse erleichtern die Recherche heute immer weiter: die Digitalisierung der Archive, neue Forschungen zum Nationalsozialismus und juristische Verfahren gegen die letzten NS-Täter*innen liefern neue Erkenntnisse und weitere Fragen. Beispielsweise habe ich durch das Projekt ‚Atlante delle Stragi Naziste e Fasciste in Italia
Hinweise auf eine eventuelle Beteiligung der Einheiten meines Großvaters an Kriegsverbrechen in Italien erhalten. In dem Online-Atlas wurden zahlreiche Informationen über Verbände der Wehrmacht und der Waffen-SS zusammengetragen und kontextualisiert, die mir zum Beginn der Recherche nicht zur Verfügung standen.
Juristische Ermittlungen, die heute häufig auf Beihilfe zum Mord abzielen, werfen die Frage auf, ob mein Großvater unter diesen Vorzeichen auch hätte angeklagt werden können.

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Ich bin gespannt, was sich in den kommenden Jahren noch herausfinden lässt. Auch die veränderten Voraussetzungen tragen dazu bei, die Recherche zu meinen Großeltern nicht als abgeschlossen erklären zu können.“